Theodolit |
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Das wichtigste Instrument für
die Tunnelvermessung ist der Theodolit. Mit seiner Hilfe wurden
Horizontal- und Vertikalwinkel gemessen, um entweder eine direkte
oberirdische Absteckung der Tunnelachse vorzunehmen oder ein
Triangulationsnetz über das Bergprofil zu legen, um rechnerisch die
Tunnelrichtung zu bestimmen. Während der Bauarbeiten wurden sie dann im
Tunnel eingesetzt, um den Vortrieb des Richtstollens in die vorgegebene
Richtung bis zum endgültigen Durchschlag zu kontrollieren.
Anhand eines historischen Theodoliten werden die wichtigsten Elemente und Messprinzipien vorgestellt. Beim Klicken auf die Bilder werden diese vergrößert und ggf. Beschriftungen eingeblendet. |
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Es handelt sich hierbei um einen Repetitionstheodoliten aus dem Jahr 1912 der Firma Watts & Son, London. Höhe: 38cm, Gewicht: 8 kg, Messigguss Er erlaubt eine repetierte Messung von Horizontalwinkeln (Stehachse) und eine einfache Messung von Vertikalwinkeln (Kippachse) Die Ablesegenauigkeit beträgt für beide Winkel 20 Bogensekunden (1 Vollkreis = 360 Grad, 1 Grad = 60 Bogenminuten, 1 Bogenminute = 60 Bogensekunden) Zum Vergleich: Für die Vermessung des Gotthardtunnels durch Carl Koppe wurde ein Theodolit mit einer Auflösung von 10 Bogensekunden verwendet. Wenn Sie wissen wollen, wie der Theodolit zu AlpenTunnel.de gekommen ist, klicken Sie hier. |
Der Blick auf den Theodoliten |
Nachdem der Theodolit aufgestellt wurde, wird dieser zunächst exakt horizontal ausgerichtet (horizontriert). Dazu werden die Dreifußschrauben solange verstellt, bis die Horizontrierlibelle in jeder Drehstellung der Stehachse waagrecht ist. Über die Kippachse wird das Teleskop vertikal geschwenkt. Dazu wird die Klemme gelöst und das Teleskop grob ausgerichtet. Nach dem Festziehen der Klemme wird mit dem Feintrieb das Fadenkreuz exakt auf das Ziel ausgerichtet.
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Die Optik |
Zunächst wird der Theodolit mit dem Zielfernrohr (keine Vergrößerung) grob auf das Ziel augerichtet. Die Feinpeilung geschieht dann mit dem Teleskop. Dieses verfügt über eine Innenfokussierung, d.h. mit der Fokussierschraube wir eine Zwischenlinse im Rohr vor- und zurückbewegt, bis sich im Okular ein scharfes Bild ergibt. Das Fadenkreuz (exakter: Strichkreuz) ist auf einem Glasplättchen eingraviert, das sich unmittelbar vor dem Okular befindet. |
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Bemerkenswertes findet sich in [800] zum Rohmaterial des Fadenkreuzes: "§ 53- Praktische Bemerkungen über die Behandlung des Fernrohrs. Der ausübende Geometer kommt nicht selten in den Fall, an seinen -Fernrohren Arbeiten vornehmen zu müssen, die sonst nur der Mechaniker macht. Dahin gehört das Einziehen von Fadenkreuzen und das Reinigen der Linsengläser, weshalb eine kurze Anleitung dazu hier beigefügt ist. Das Einziehen von Kreuzfäden setzt einen Vorrat von guten Spinnfäden voraus. Die besten liefert die kurzbeinige schwarze Spinne, welche sich fast überall findet. Setzt man dieselbe auf den einen Zweig eines gabelförmigen Reisigs und läßt sie bald darauf abfallen, so spinnt sie einen sehr feinen Faden, den man durch Umdrehen der Gabel aufhaspeln kann. Diejenigen Stücke, welche durch eine Lupe als die feinsten und gleichförmigsten erscheinen, entsprechen dem vorliegenden Zwecke, wenn sie sofort verwendet und vor Staubanflug geschützt werden."
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Die Kreisablesung |
Zur Bestimmung der eingestellten Winkel befinden sich beim Horizontal- und Vertikalkreis jeweils zwei gegenüberliegende Kreisablesungen mit einer Vergrößerungslupe. Die Kreise sind in Drittelgrad unterteilt. Durch den Nonius kann dann jede Kreisteilung noch einmal 60-fach geteilt werden. Somit beträgt die Auflösung:
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Die Mechanik der Stehachse |
Die Repetiereinrichtung ist eine geniale Erfindung zur Steigerung der Messgenauigkeit (siehe unten). Sie wurde im Prinzip schon während der Französischen Revolution in den sogenannten Borda-Kreisen verwendet. Mit ihr lässt sich der Theodolit auf zwei Arten um die
Stehachse für die Messung von Horizontalwinkeln drehen: Mittels der Klemmen und der Feintriebe kann die Stehachse zunächst grob und dann eben fein auf das Ziel eingestellt werden.
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Der Vertikalkreis |
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Der Vertikalkreis funktioniert entsprechend dem Horizontalkreis, jedoch ist keine Repetionsvorrichtung vorhanden. Zur Justage muss das Fernrohr exakt waagrecht ausgerichtet werden. Dazu wird bei waagrechtem Teleskop (über den Spiegel sichtbare Libelle) über Feintrieb des Höhenindex dieser auf Null gestellt
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Das Problem: Viele, viele Fehlermöglichkeiten |
Eine Winkelmessung mit einem Theodoliten ist eine Differenzmessung: es wird das erste Ziel anvisiert und der erste Kreiswert abgelesen. Danach das zweite Ziel anvisiert - und der zweite Kreiswert ablesen. Der gesuchte Winkel zwischen den Zielen ist dann die Differenz der beiden Ablesungen. Bei jeder Messungen gibt es aber eine Vielzahl von Messungenauigkeiten, unter anderem: Zufällige Fehler entstehen beispielsweise bei einer ungenauen Bestimmung der Kreisablesung und lassen sich prinzipiell nicht vermeiden. Sie zeichnen sich durch eine statistische Verteilung und dadurch aus, dass gleich viele negative wie positive Fehler vorhanden sind. Achsenfehler entstehen durch mangelhafte Ausrichtung der Achsen. Diese können durch die Mechanik oder durch mangelnde Justierung (z.B. Horizontieren) hervorgerufen sein. Kreisteilungsfehler rühren daher, dass der Ablesekreis nicht 100%ig exakt gefertigt werden kann. Das bedeutet, dass die Teilstriche (bei diesem immerhin 1080) nicht absolut gleichmäßig über den Kreis verteil sind, sondern immer eine gewisse Abweichung von der exakten Position haben werden. Dies war lange Zeit das größte Problem bei der Herstellung von Theodoliten und erst exakte Kreisteilungsmaschinen, beispielsweise wie die von Reichenbach, brachten wesentliche Genauigkeitsverbesserungen. In Anbetracht dieser Unzahl von Fehlermöglichkeiten fragt man sich wirklich, wie es trotzdem möglich ist, Genauigkeiten für Horizontalwinkel im Bogensekundenbereich zu erreichen.
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Die theoretische Lösung: Minimierung der Fehler |
Wenn man sich die einzelnen Fehlerarten genauer ansieht, gibt es für jeden Verbesserungsmöglichkeiten: Zufällige Fehler lassen sich durch mehrfache Messungen desselben Messwerts verkleinern. Als grobe Faustformel gilt: Die Messungenauigkeit ist umgekehrt proportional zum Quadrat der Anzahl der Messungen. Beispielsweise ist der Fehler nach 16 wiederholten Messungen auf ein Viertel geschrumpft. Achsenfehler lösen sich teilweise durch die Messung in zwei Fernrohrlagen. Dazu wird der Winkel zunächst so gemessen wie oben auf den Bildern zu sehen ist. Danach wird das Teleskop durchgeschlagen (das Zielfernrohr befindet sich dann unten) und der gesamte Theodolit um 180 Grad um die Stehachse gedreht. Jetzt kann der Winkel erneut gemessen werden. Der Mittelwert der beiden Messungen hat dann eine evtl. Schräglage der Stehachse automatisch korrigiert. Kreisteilungsfehler werden durch diese Überlegung verkleinert: Zwar ist der Fehler eines einzelnen Teilstrichs nicht bekannt, jedoch muss die Summe aller Fehler über den gesamten Kreis Null sein, weil sich sonst kein geschlossener Kreis ergeben würde. Eine Winkelmessung ist aber immer eine Differenzmessung: Der absolute Wert der Ablesungen ist dabei egal, es ist also auch egal, an welcher Stelle des Teilkreises die Winkelmessung beginnt. Somit kann man an unterschiedlichen Stellen beginnen und durch wiederholte Messungen an verschiedenen Teilkreisbereichen minimiert sich der (zufällige) Kreisteilungsfehler (unabhängig von den oben genannten, anderen zufälligen Fehlern). Im Idealfall (und wenn man Zeit hat) kann man beliebig oft an verschiedenen Kreisstellungen messen, sodass der Kreisteilungsfehler gegen Null geht. Zusätzlich besitzt jeder Teilkreis zwei gegenüberliegende Kreisablesungen, um mit einer Visur in zwei Kreisstellungen gleichzeitig messen zu können.
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Die praktische Lösung Die Repetitionsmessung in zwei Fernrohrlagen
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Die Überlegungen zur Fehlerminimierung werden zu einem praktischen Vorgehen zusammengefasst, mit dem man schnell und relativ einfach eine hohe Präzision erreichen kann: Schritt 1: Das erste Ziel wird anvisiert und die Kreisablesungen A und B notiert. Schritt 2: Das zweite Ziel wird anvisiert, wobei der Theodolit so um die Stehachse gedreht wird, dass der Horizontalkreis mit dem Dreifuß fixiert ist (nur untere Klemme fest; Ablesung ändert sich) Schritt 3: Es wird wieder das erste Ziel anvisiert, wobei der Theodolit so um die Stehachse gedreht wird, dass sich der Horizontalkreis mitdreht (nur obere Klemme fest; Ablesung unverändert) Schritt 4: Die Schritte 2 und 3 werden für eine beliebige Anzahl wiederholt. Schritt 5: Es wird die Differenz jeweils der ersten und der letzten Kreisablesung A und B gebildet und diese durch die Anzahl der Wiederholungen geteilt. Es ergeben sich zwei Werte für den gesuchten Winkel. Schritt 6: Schritte 1 bis 5 werden mit durchgeschlagenem Teleskop wiederholt. Zuletzt wird der Mittelwert der so gefundenen vier Winkelwerte berechnet. Dies ist jetzt der gemessene Winkel. Der Trick ist einfach aber genial: Durch die Repetition "summiert" sich der gesuchte Winkel in Vielfachen auf dem Horizontalkreis auf und wird dann durch einfache Teilung erhalten,. Zusammen mit der Messung in zwei Lagen und die gleichzeitige Verwendung zweier Kreisablesungen werden die angesprochenen Fehler automatisch minimiert. Carl Koppe führte für die Gotthard-Vermessung beispielsweise eine vierzigfache Repetition in beiden Fernrohrlagen durch und erreichte damit eine Genauigkeit im Bogensekundenbereich. |